Archäologische Ausgrabung Wareswald 2001

Viele Legenden ranken sich um dieses unzugängliche Waldgebiet. Am häufigsten wird nach der „Goldenen Kutsche“ gefragt. Weiterhin ist die Geschichte um das „Gold-Feuerchen“ bekannt. Der berühmte römische Feldherr „Varus“ der seine Legionen gegen den 25-jährigen Cherusker-Fürsten Arminius im Jahre 9 nach Christus im Teutoburger Wald verlor, soll auch hier gewesen sein. Dies ist sicher falsch. Die Schreibweise „Varus“ hat aus geschichtlicher Sicht keine Berechtigung. Es gibt inzwischen viele Deutungs-Ansätze, die nicht gesichert sind.

Gesichert ist: hier befand sich etwa vom 2. bis zum 4. Jahrhundert eine bedeutende gallo-römische Siedlung am Schnittpunkt zweier bedeutender Heeresstraßen (Metz-Mainz und Trier-Straßburg). Erste Fundberichte gibt es seit 1755 in einem Lagerbuch der Abtei Tholey. 1824 und 1825 wurden bedeutende Tempelreste freigelegt. Das Gebäude war rund, der Eingang mit einer breiten Treppe lag im Osten. Man fand 50 bis 60 Bronzefiguren von fünf cm Höhe, 100 Lanzen- und Pfeilspitzen, die inzwischen alle verschollen sind. An anderer Stelle treten Ziegeln und grobe Siedlungsstrukturen unmittelbar an die Oberfläche. Es gab immer wieder Raubgrabungen und spektakuläre Funde.

Wo befindet sich das derzeitige Grabungsfeld? Es liegt auf dem alten römischen Verbindungsweg zwischen Tholey und Gronig an den Gemeinde-Grenzen Tholey-Oberthal-Marpingen.

Links sehen Sie einen Ausschnitt mit dem schwach rot schraffierten Grabungsfeld und den Gemeindegrenzen.

Jetzt wird versucht mit zeitgemäßen Methoden dem Varuswald einen Teil seiner Geheimnisse zu entreißen. Es werden Struktur und Aussehen der Siedlung, Straßen und des Gräberfeldes erforscht. Die Ergebnisse werden dem interessierten Publikum zugänglich gemacht. Die Besucher sind eingeladen sich Archäologie „live“ anzusehen und den Fortgang zu verfolgen.

Die Ausgangsstelle für die Grabungsarbeiten ist die Feuerungsstelle (praefurnium) eines Raumes mit Fußbodenheizung (hypokaust). Der Heimatforscher J. Gerhard hatte hier 1985 mit Erlaubnis des staatlichen Konservatoramtes Saarbrücken einen Testschnitt angelegt

Wie sah die Situation vor Ort bei einer Begehung am 16. Juni 2001 aus? Es fand sich eine kleine Lichtung ohne erkennbare Hinweise für die Bodenschätze.

(links: Blick von Südwest nach Nordost auf das Grabungsfeld)

 

Am 7. Juli 2001 hatte der Boden schon kleine Teile seiner Geheimnisse preisgegeben. Im letzten Grabungsfeld nach Westen hin vor dem Bauwagen finden Sie . . . .

(rechts: Blick von Norden nach Süden auf das Grabungsfeld)

Eine massive Hausmauer aus Kalksteinen. Die Steine sind mit Mörtel gefügt. Der Putz ist nur noch an ganz wenigen Stellen erhalten. Nach vorne im Bild bei den Ziegelsteinen finden sich die Reste einer Hypokausten-Heizung (= Fußboden-Heizung). Im freien Dreieck nach rechts sieht man die Reste eines Terrazzo-Boden mit dem Sockel für die Fußbodenheizung.

(links: Blick von Nordwest– straßenseitig – nach Südost – Hang)

Mitte September fand man die Reste eines alten Wasserbeckens. Der Boden des Beckens ist teilweise zerstört. Von den senkrechten Mauerteilen des Be­ckens stehen nur noch die Fundamente und die deutlich zu sehenden Rand­wülste der Kanten-Abdichtung am Boden.

Etwas weiter davon entfernt nach Westen fand man den Boden einer Ofenanlage.

Eine detaillierte  Übersicht des Grabungsfeldes Ende Oktober 2001 von einer hohen Feuerwehrleiter aus Fotografiert:

Wen überkommt bei diesen Informationen nicht auch die Lust hier mitzumischen und auf eigene Faust bei Nacht und Nebel zu graben?

Abgesehen davon, dass dies sehr beschwerlich und zudem strafbar ist, ist für diesen Forscherdrang bestens vorgesorgt. Jeder, ob jung oder alt, der eine Schippe oder eine Kelle bedienen kann, ist hier gerne gesehen. Unter fachkundiger Anleitung und Hilfe kann er am hellen Tag Licht in das Dunkel der Geschichte des Wareswald bringen. Das Werkzeug wird vor Ort nach einer kurzen Einweisung gestellt. Alle Funde werden sorgfältig gereinigt und nach Fundort und Zeit dokumentiert.

Nach Abschluss der Grabungsarbeiten am Abend wird gesamte Fläche nochmals sorgfältig mit einem speziellen Detektor abgesucht, so dass Raubgräber keine Chance haben. Interessierte Besucher sollten nicht in die abgegrenzten Felder treten, damit Funde wie zum Beispiel der Terrazzoboden nicht zerstört werden. Weitere spezielle Führungen und Vorträge sind geplant und werden in der Tagepresse rechtzeitig bekannt gegeben.

Anmerkungen zum Wert von römischen Ziegeln, Scherben und anderen Fundstücken

Nach dem ersten begeisterten Kontakt mit römischen Ziegeln und Scherben überkommt wohl ganz natürlich jeden Menschen das Jagdfieber mit dem Gedanken: „Das will ich auch haben!“.

Setzen wir diesen Gedanken weiter fort: man nimmt diese Scherbe heimlich mit nach Hause, stellt sie stolz auf den Wohnzimmerschrank und zeigt die Beute den Freunden. – Abgesehen davon, dass dieses Vorgehen nicht legal ist, verliert das Fundstück in dem Augenblick wesentlichen Wert, in dem Sie es unerkannt aus seinem geschichtlich geprägtem Umfeld entfernen.

Was ist passiert? Fundstücke dieser Art gibt es auf der Fläche des gesamten römischen Reiches: dem heutigen Irak im Süden bis nach Mittel-England, von Portugal bis Serbien, also etwa dem Reich Konstantin des Großen.

Der Wert eines Fundstücks, zum Beispiel einer Kanne, besteht neben der Kunstfertigkeit seiner Herstellung darin, dass für alle ersichtbar ist, dass „unsere Vorfahren“ hier bereits vor ca. 2000 Jahren die „Aus – Bildung“ und den guten Geschmack für solche Güter hatten und nicht nur in feuchten verrauchten Höhlen lebten.

Wenn Ihr Name mit dem Fund der „Goldenen Kutsche“ in der Presse und den Fachzeitschriften genannt wird, dann haben Sie mehr Freude daran, als wenn sie diese in ständiger Angst vor Entdeckung im Keller versteckt halten.